Redebeitrag zum Tag gegen Gewalt an Frauen 2021

190 Frauen wurden im vergangenen Jahr in der BRD ermordet¹

In den meisten Fällen wurden sie getötet von ihren ehemaligen oder aktuellen Partnern.Das ist die katastrophale Spitze eines Eisbergs patriarchaler Gewalt, dessen klirrende Kälte sich durch alle gesellschaftlichen Bereiche frisst – privat und öffentlich, auf der Arbeit und auf dem Amt, in der Bar und im Bett.

Wir haben es satt diese Kälte einfach hin zu nehmen; Zu Schweigen, wenn Frauen ermordet, gedemütigt oder als billige Arbeitskräfte ausgebeutet werden. Wir haben es satt zu zu schauen, aber nicht die Ursachen anzugreifen, die diese Gesellschaft so beschissen für uns alle machen. Wir wollen den Sumpf trocken legen, aus dem diese Gewalt gegen Frauen immer wieder neu entsteht. Wir wollen den patriarchalen Kapitalismus zerschlagen!

Das Patriarchat ist nicht einfach eine schlechte Idee, sondern eine materialisierte Machtstruktur, die sich in dieser Form erst mit der Entstehung des Kapitalismus herausgebildet hat. So bietet der Kapitalismus die materiellen Bedingungen für das Aufrechterhalten von patriarchalem Schwachsinn – und dieser Schwachsinn schafft sich aus eben diesen materiellen Bedingungen immer wieder neu. Wir alle sind in dieser Gesellschaft gezwungen ein Großteil unserer Zeit, unserer Kraft und unserer Kreativität zu verkaufen um überhaupt die Chance zu haben ein halbwegs menschliches Leben zu leben. Viele können noch nicht mal das. Alleine das ist schon Grund genug diese Verhältnisse zu stürzen.

Doch mehr noch: Hinter der Arbeitskraft, die ausgebeutet wird, steckt ein riesiger ständiger Aufwand – die Care-Arbeit: Gemeint ist damit zum Beispiel das Gebären von kleinen zukünftigen Lohnabhängigen, sie erziehen und sie auf die Welt vorzubereiten. Aber auch weitere Arbeiten wie das Gesundpflegen von Arbeitskräften, wenn sie als solche ausfallen, das tägliche Besorgen von Essen und alle weiteren Formen von Arbeit, die notwendig für einen funktionierenden Haushalt und für den Aufbau und Erhalt sozialer Beziehungen, die die allgegenwärtigen Demütigungen auffangen sollen, sind.

Diese Care-Arbeit oder Reproduktion ist die Grundlage aller kapitalistischen Verwertungsprozesse, welche für unser gesellschaftliches Leben essentiell sind. Dennoch wirft diese Care-Arbeit gleichzeitig kaum direkten Profit ab. Das hat in unserer Gesellschaft auch einen Grund: um Profit zu generieren, müsste sich die Care- Arbeit immer weiter verdichten, rationalisieren und intensivieren lassen, wie das auf Kosten vieler Lohnabhängiger in der Produktion schon längst passiert. Doch das Produkt der Reproduktion, also auch der Care-Arbeit, ist kein Gegenstand. Das Produkt ist der Mensch selbst und seine Beziehung zu anderen Menschen.

Ein Kind kann aber nicht schneller wachsen, Beziehungen aufbauen oder sich geborgen fühlen. Ein Mensch, der Pflege braucht, kann kaum schneller gepflegt werden. Ein erholsames Gespräch nach einem stressigen Arbeitstag wird nicht erholsamer, wenn man es auf fünf Minuten begrenzt. Es ist also ein riesiger gesellschaftlich notwendiger Aufwand, der gleichzeitig nicht als Lohnarbeit organisierbar ist. Es braucht also Menschen, die all diesen Aufwand, am besten so kostenlos wie möglich, aufbringen. Weil der Kapitalismus auf einer bereits patriarchalen Gesellschaft aufbaut, sind wir es als Frauen, denen diese Arbeit aufgezwungen, ja sogar zum Inbegriff unserer Identität gemacht wird!

Dann sollen wir es auch noch hinnehmen, dass wir in dieser Arbeit, weil sie nach Profitlogik wertlos ist, entweder nicht gesehen, beschissen bezahlt oder gleich generell abgewertet werden. Versuchen einzelne unserer Genossinnen und Freundinnen dann über diese strukturellen Zwänge hinaus zu treten, sich nicht zu unterwerfen, dann zeigt das kapitalistische Patriarchat seine offene Gewalt. Es trifft immer einzelne von uns, doch mit jedem Schlag, jeder Demütigung und jedem Mord aus Frauenhass sind wir alle gemeint! Deswegen müssen wir zusammen stehen und als eine Kraft zurückschlagen.

Lasst uns dem Patriarchat in die Eier treten: Einerseits indem wir uns gegenseitig unterstützen, verteidigen und auffangen. Andererseits indem wir uns organisieren, um eine Gesellschaft zu erkämpfen, in der patriarchale Gewalt keinen Fuß mehr fassen kann. In der es keine Grundlage mehr gibt für das Aufbauen dieser oder anderer Zwangsverhältnisse: Eine Gesellschaft ohne Trennung von Produktion und Reproduktion, ohne Konkurrenzbeziehungen, ohne Eigentumslogik und Ausbeutung durch Lohnarbeit. Kurz: ohne patriarchale Machtstrukturen und deren beschissene Auswirkungen auf alle Lebensbereiche.

Eine sinnvolle Gesellschaft die nach den Bedürfnissen aller organisiert ist. In der die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung zur freien Entwicklung aller darstellt. Dafür sind wir heute hier.

Keine Mehr! Wir sind viele und wir schlagen zurück.

Für ein Ende des Patriarchats.

Für den Kommunismus.


¹Quelle: www.feminizidmap.org

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