Hier findet ihr das PDF von Zum 60. Geburtstag: BRD- und Krisenideolgie – Flugbuch der redical M zur »… ums Ganze!«-Kampagne gegen das Superjubiläumsjahr 2009 (Mai 2009). Unten ist das Intro zu lesen.
Intro
Im Jahr 2009 jährt sich zum 60. Mal die Gründung der BRD, was Anlass für eine allgemeine Selbstbeweih räucherung des „fr eiesten deutschen Staates“ in der Geschichte ist. Der Nationalsozialismus und die DDR werden als „zwei Diktaturen“ gleichgesetzt, denen die Deutschen gleichermaßen im 20. Jahrhundert ausgeliefert waren, ohne etwas dafür zu können. Aber die Geschichte ist vergangen und soll nach der herrschenden Auff assung nur dann auft auchen, wenn sie sich als politisches und mora lisches Kapital der BRD in der Außenpolitik ertragreich einbringen lässt. Wenn es wieder einmal um die Durchsetzung von Kriegen oder nur der normalen außenpolitischen Interessenswahrnehmung geht. Gegen diese Jubiläumsfeierlichkeiten ver anstalten wir eine antinationale und antikapitalistische Kampagne zur Verunglimpfung des Geburtstagskindes und wollen uns so als wenigstens ideelle Partycrasher engagieren.
Kapitalistische Gesellschaften und bürgerliche Staaten im Allgemeinen und Deutschland im Besonderen stehen keinesfalls für die freie Entfaltung des Individuums ohne Not und Zwang, sondern für Ausbeutung durch Lohnarbeit und die Integration in ein nationales Zwangskollektiv, das den größten Akt der Barbarei in der Weltgeschichte begangen hat. Die vielbeschworene bürgerliche Freiheit und Gleichheit bezeichnet de facto nichts anderes als Freiheit und Gleichheit zur kapitalistischen Konkurrenz zwischen vereinzelten Individuen, die ihre materielle Ausbeutung und Unterdrückung ist.
Der materielle Erfolg der einen Person bedeutet notwendiger Weise den Misserfolg und damit missglückte Bedürfnisbefriedigung ihrer Konkurrenten. Der nationale Bezugsrahmen stellt die gesellschaft liche Organisation und den Zusammenhalt unter den Bedingungen der Konkurrenz sicher, weil Menschen die nichts als Konkurrenten sind keinen hinreichenden Grund für gesellschaft liche Kooperation haben. Das ist die Funktion der nationalen Ideologie, namentlich der deutschen. Ihre (Re-)Produktion erfolgt wesentlich über einen gemeinsamen Geschichtsbezug. Ein solcher wird maßgeblich durch gesellschaft liche Anlässe wie den 60. Jahrestag der BRD-Gründung gefördert.
Diesem Projekt nationaler Ideologieproduktion, wie es rund um das Jubiläumsjahr 2009 betrieben wird, verweigern wir und stellen uns entgegen. Wer den Nationalsozialismus in seiner Geschichte hat, kann immer auf ein noch größeres Übel verweisen. Der Verweis auf noch größere Unfr eiheit und Unterdrückung kann aber kein Grund dafür sein, über die normale bürgerlich kapitalistische Unterdrückung und Unfr eiheit zu schweigen.
Der folgende Text zielt auf eine Kritik an der kapitalistischen und nationalstaatlichen Verfasstheit der Welt im Allgemeinen und der deutschen Gesellschaft unter ihren postfaschistischen Bedingungen im Besonderen ab. In welchem Verhältnis stehen Staat, Nation, Gesellschaft und Kapital zueinander? Welche Rolle spielen dabei Ideologien, Subjekte und was sind sie eigentlich? Es handelt sich um eine Annäherung auf dessen Grundlage weitere genauere Ausführungen und Präzisierungen erfolgen können und müssen.