Der Rechtsruck der letzten Jahre zeigt deutlich, wie Nationalismus und Antifeminismus Hand in Hand gehen. In diesem Redebeitrag wollen wir auf den Zusammenhang zwischen Nationalismus und dem gewaltvollen Zugriff auf Frauen und Queers eingehen.
Ein besonders abstoßendes Beispiel dafür ist Donald Trump, der die nächsten Jahre nun erneut US-Präsident sein wird. Ein Millionär, der damit gewonnen hat, „America great again“ machen zu wollen, der keinen Hehl aus seiner eigenen sexuellen Übergriffigkeit gegenüber Frauen macht, der Abtreibungen verbieten und Transitionen von trans Personen verhindern will.
Hier in Deutschland steht die AfD am deutlichsten für die Verbindung all dieser Widerlichkeiten. „Neue Deutsche? Machen wir selber!“ plakatiert diese Partei, dazu abgebildet eine weiße, blonde schwangere Frau. Was die AfD also von Frauen erwartet, zumindest von denen, die sie als deutsch einstuft, ist klar: Möglichst viel Nachwuchs für die deutsche Nation zu produzieren. Dieser soll dann auch möglichst lange zuhause von der Mutter betreut werden, deren Platz ohnehin hinterm Herd ist, im Sinne eines „traditionellen“ sprich patriarchalen Familienbildes. So propagiert es die AfD. Dazu passt auch ihre Forderung, dass die ohnehin demütigenden und bevormundenden Pflichtberatungsgespräche für Schwangere sie von einer Abtreibung abhalten sollen.
Doch Nationalismus und Antifeminismus beschränken sich nicht auf die extreme Rechte. Mit aller Wahrscheinlichkeit wird der nächste Bundeskanzler der BRD Friedrich Merz sein, der noch 1997 gegen die Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe gestimmt hat.
Der neue „woke“ Nationalismus der liberalen Mitte gibt sich dagegen gern gleichberechtigt. Außenpolitik soll nun „feministisch“ sein, wie die Grünen sagen, aber am Ende heißt das doch auch vor allem, die geopolitischen Interessen Deutschlands zu vertreten. Und im sogenannten Selbstbestimmungsgesetz, das trans Personen den Wechsel des Geschlechtseintrags erleichtert, wird extra festgehalten, dass dieser Wechsel im Kriegsfall für transfeminine Personen ausgesetzt werden kann, damit diese noch zur Aufopferung für die Nation im Rahmen des Kriegsdienstes verpflichtet werden können.
Doch was ist diese Nation? Die Nation ist eine imaginierte Gemeinschaft. Begründet wird sie je nach dem über vermeintliche gemeinsame Abstammung, Kultur, Geschichte, Sprache oder Werte. Diese Gemeinsamkeiten werden jedoch erst im Prozess der Herstellung des Konstrukts der Nation meist gewaltvoll durch Auslöschung von Differenzen geschaffen. Es gibt kein natürliches Volk, keine natürliche Nation, jedes Volk und jede Nation ist ein Konstrukt! Dieses Konstrukt dient dann der Identifizierung des Staatsvolks mit seinem Staat. So werden Klassenunterschiede gekittet und Lohnabhängige zum Abrackern für das Wohl des Wirtschaftsstandorts Deutschlands gebracht. Aber nicht nur Klassenverhältnisse werden so verschleiert und forciert, sondern auch die Geschlechterverhältnisse. Denn die Reproduktion und Vermehrung des Staatsvolks ist Aufgabe von Frauen, die als Mütter und Ehefrauen ihre Reproduktionsarbeit in den Dienst der Nation zu stellen haben. Dass damit meist auch Ausgrenzung und Unterdrückung von nicht hetero- und cisnormativen Lebensweisen einhergeht, versteht sich von selbst.
Mit der Nation ist keine Emanzipation zu machen. Feminismus muss antinational sein!
Doch auch Linke begeistern sich immer mal wieder für die Nation und für nationalistische Bewegungen, zumindest wenn diese als „Befreiungsnationalismus“ von tatsächlich oder vermeintlich unterdrückten Nationen ausgehen. Dass dabei schnell der Feminismus entweder über Bord geworfen oder aber instrumentalisiert wird, zeigt sich auch in linken Debatten rund um den Nahost-Konflikt. So wird von einigen vermeintlich pro-palästinensischen Gruppen das Massaker der Hamas und anderer Gruppen an israelischen Zivilist:innen am 7. Oktober letzten Jahres bisweilen als Befreiungskampf gefeiert und die sexuelle Gewalt darin geleugnet. Dies war auch in einigen feministischen Zusammenhängen der Fall, wo der Grundsatz, Betroffenen von sexueller Gewalt zu glauben und mit ihnen solidarisch zu sein, über Bord geworfen wurde, weil die Gewalt nicht in das eigene Framing des Nahost-Konflikts passte. Umgekehrt muss auch klar sein, dass die militärische Reaktion Israels und der anhaltende Krieg, der zu Zehntausenden Toten und unendlichem Leid im Gaza-Streifen und nun auch im Libanon geführt hat und weiterhin führt, zu verurteilen ist. Auch diese Kriegsführung hat eine patriarchale Komponente, wie das Posen von israelischen Soldaten mit der Unterwäsche palästinensischer Frauen oder die Berichte über sexuelle Gewalt in israelischen Gefängnissen zeigen. Ein antinationaler Feminismus bedeutet für uns, dass wir uns nicht für die eine oder die andere Nation entscheiden müssen, sondern dass unsere Solidarität uneingeschränkt und universell allen Opfern von Gewalt und Unterdrückung, insbesondere von patriarchaler Gewalt, gilt.
Patriarchaler Gewalt gilt es, überall und immer entgegenzutreten. Deshalb tragen wir unsere Wut gegen patriarchale Gewalt heute gemeinsam mit unzähligen Frauen und Queers weltweit als feministische Bewegung auf die Straße! Ein Ende dieser Gewalt wird es jedoch nur geben, wenn wir das falsche Ganze angehen, nämlich Staat, Nation, Kapital und Patriarchat. In den anstehenden Kämpfen gegen einen sich zuspitzenden Nationalismus und Antifeminismus, nicht nur von der AfD, wollen wir deshalb auch unsere Vision einer ganz anderen Gesellschaft aufscheinen lassen: Einer Gesellschaft, in der es um die Bedürfnisse der Menschen geht, in der es keine Nationalstaaten, keine Grenzen und keine Kriege mehr gibt, in der Geschlecht keine Rolle mehr spielt, sondern wir uns frei entfalten können, eingebettet in solidarische Beziehungsweisen. In diesem Sinne: Für einen kommunistischen und antinationalen Feminismus! Für ein Ende der Gewalt und für ein angstfreies und gutes Leben für alle!
25.11.2024
Redical [M]